Bezug des Klosters St. Maria der Engel auf der Wenkenrüti

1622
Nachdem die Schwestern auf der Wenkenrüti wieder eine neue Heimat gefunden hatten, weihte der Konstanzer Weihbischof Johannes Antonius Tritt von Wilderen am 23. Oktober 1622 unter grossem Zulauf des Volkes die Kirche, die Glocke und die drei Altäre, den Hochaltar zu Ehren der allerseligsten Jungfrau, der Heiligen Josef, Gallus, Franziskus, Antonius von Padua und Leonhard, den rechten Seitenaltar zu Ehren der Heiligen Karl Borromäus, Bonaventura, Mauritius, Barbara und Katharina und jenen zur Linken zu Ehren der Heiligen Idda von Toggenburg, Klara, Anna und Ursula. Gleichzeitig verkündete er, dass der Ort fortan nicht mehr Rüti, sondern St. Maria der Engel heissen und dass das Fest der Weihe alljährlich am 23. Oktober gefeiert werden soll. Von dieser Ausstattung hat sich nur noch ein Altar mit dem Wappen Abt Bernhard Müllers im Bethaus der Schwestern erhalten. Der Hochaltar wurde 1774 durch einen neuen, hochbarocken ersetzt. Das mächtige, vom Annunziatenorden umschlungene Wappen im Architrav weist auf die fürstliche Munifizenz des Abtes Beda Angehrn von St. Gallen hin, der mit 600 Gulden die Erstellung ermöglichte. Leider beeinträchtigen heute die neubarocke Mensa, der überdimensionierte Tabernakel, das Altarblatt aus der Nazarenerschule und die beiden Seitenaltäre, alles Werke des ausgehenden 19. Jahrhunderts, in etwa das glanzvolle Hauptstück.

Mit der barocken Bauart hielt auch die barocke Frömmigkeit Einzug im Kloster. Als eine ihrer Äusserungen müssen die prunkvollen Reliquientranslationen jener Zeit angesehen werden. 1652 erhielten die Schwestern vom Hauptmann der Schweizergarde in Rom, Johann Rudolf Pfyffer von Altishofen, aus dem Calepodiuscoemeterium den Leib des Katakombenheiligen Leander. Seine zwei wertvollen Darstellungen im Kloster erinnern noch an das glänzende Fest seiner Überführung am 27. April 1653. Später kamen zwei weitere Heilige hinzu, 1726 die Hl. Victoria und 1767 der Hl. Bonifatius, die mit dem erstgenannten jetzt in echt barocker Aufmachung in den Mensen der drei Altäre ruhen.

Eine einschneidende Neuerung brachte die Einführung der strengen Klausur. Bislang hatten die Schwestern auf den umliegenden Gütern arbeiten, ja sogar Reisen ins Ausland unternehmen dürfen. Am 21. November 1726 „sein die Klosterfrauen zu St. Maria im Doggenburg“, so berichtet das äbtische Tagebuch „in die Clausur secundum Consilium Tridentinum eingeschlossen worden“, und zwar, wie Fürstabt Josef von Rudolfis ausdrücklich schreibt, die Nonnen lange darum angehalten hatten. Bei dieser Gelegenheit vertauschten sie den weissen mit dem schwarzen Schleier.
Die neue Klausur bedingte nicht nur die Erstellung einer Mauer, sondern auch eine Erweiterung der Gebäulichkeiten. 1780 wurde deshalb durch Simon Schratt aus dem Allgäu der nördliche Flügel errichtet, dem 1846 die Anlage eines neuen Gartens folgte.
Still und ruhig und vor der Welt verborgen gingen die Schwestern hinter den weissen Mauern ihrem Tagewerk, dem Beten und der Arbeit nach. 1771 wurde die Ewige Anbetung eingeführt, die bis zur Schliessung des Klosters, 2011, aufrecht erhalten wurde. Ziemlich unbehelligt überstand das Kloster – im Gegensatz zu Neu-St. Johann und Magdenau – die Wirren des Zwölferkrieges, vielleicht deswegen, weil der toggenburgische Landweibel Josef Germann, ein Widersacher der äbtischen Herrschaft, in St. Maria der Engel eine Tochter hatte, mit der er auch während seiner Gefangenschaft im Schloss Wartegg eifrig korrespondierte. Als die Helvetik 1798 den Klöstern die Aufnahme von Novizen untersagte und alle Ordensleute das Ansinnen stellte, auszutreten, wandelte auch nicht eine die Lust, das Kloster zu verlassen.

aus: Das Terziarinnenkloster Wattwil, Schweiz, verfasst von Arthur Kobler, 1970