St.Galler Spitäler: Regierungs-Modell ist als untauglich zurückzuweisen

20. Dezember 2019
Medienmitteilung

Das Spital-Modell «4plus5» ist für den Gemeinderat Wattwil nicht akzeptierbar. Damit würden dem Toggenburg medizinische Unterversorgung, ein massiver Arbeitsplatzabbau und ein herber Attraktivitätsverlust drohen. Der Gemeinderat fordert die Regierung auf, das Modell fallenzulassen, eine Gesamtschau über die Kantonsgrenzen hinaus und eine Strategie auf der Basis verlässlicher Daten auszuarbeiten, die diesen Namen verdient.

Nach gründlichem Studium der umfangreichen Vernehmlassungsvorlage ist für den Gemeinderat Wattwil klar: Der vorliegenden «Weiterentwicklung der Strategie der St.Galler Spitalverbunde» fehlt die strategische Ausrichtung gänzlich – sie ist nicht akzeptierbar.

Vorlage grundsätzlich überarbeiten
Die Vorlage ist grundsätzlich zu überarbeiten, der Prozess ist nochmals zu öffnen. Besonders stossend ist für den Gemeinderat, dass der Vorlage jegliche gesamtheitliche Betrachtung sowie interkantonale Aspekte abgehen. Zudem blendet sie die unterschiedlichen Situationen und Bedürfnisse der Regionen des Kantons vollständig aus. Der Gemeinderat fordert eine nachhaltig tragfähige Strategie mit individuellen, versorgungsgerechten Konzepten für die einzelnen Regionen. Auch neue Versorgungs- und Trägerschaftsmodelle mit nicht öffentlichen Institutionen sind einzubeziehen.

Denkverbote und Grobkonzept als Prämisse
Der Gemeinderat Wattwil anerkennt, dass eine Weiterentwicklung der St.Galler Spitallandschaft nötig ist. Organisatorische und finanzielle Reformen sind zweifelsohne angesagt. Er kommt jedoch zu fundamental anderen Schlüssen als die Regierung. Die so genannte Strategie verdient diesen Namen nicht. Eine langfristig funktionierende Strategie würde voraussetzen, dass mit offenem Visier alle denkbaren Zukunftsszenarien berücksichtigt werden. Der Vernehmlassungsvorlage fehlt jegliche Offenheit. Sie ist offenkundig mit dem Grobkonzept des Verwaltungsrates und mit Denkverboten unterlegt, die keine Optionen ausserhalb der Vorstellungen des VR zuliessen. Alternativvorschläge wurden vom Tisch gewischt.

Drohender Versorgungsnotstand
Mit dem Modell «4plus5» würde im Toggenburg wegen des unterdurchschnittlichen ambulanten Angebotes eine Unterversorgung drohen. Es ist aus Sicht der regionalen Gesundheits-versorgung und aus wirtschaftlicher Sicht untauglich. Es blendet die spezielle topografische, geografische, verkehrstechnische Situation des Toggenburgs aus. Das Modell basiert weder auf standortspezifischen Patienten- und Betriebsdaten, noch sind interkantonale Patientenströme berücksichtigt. «Einen so einschneidenden Strategieentscheid ohne Standortdaten zu fällen, ist unverantwortlich», hält Gemeindepräsident Alois Gunzenreiner fest. «Die freie Spitalwahl zielt auf funktionale Räume. Es ist geradezu fahrlässig, die interkantonalen Patientenimporte und -exporte auszublenden.» Der Gemeinderat Wattwil lehnt das Modell ab und fordert, dass die Vorlage aus einer gesamtheitlichen, versorgungsorientierten Optik und auf der Basis von umfassenden, transparenten Daten mit standortspezifischen Rechnungen, Patienten- und Betriebsdaten sowie interkantonalen Patientenströmen überarbeitet wird.

Zentrumsspital nachhaltig stärken
Die Regierung will das Kantonsspital als Schwerpunkt- und Zentrumsspital für die hochspezialisierten medizinischen Angebote stärken. Das ist für den Gemeinderat Wattwil nachvollziehbar und richtig. Der nun vorliegende Vorschlag ist jedoch weder gesundheitspolitisch noch betriebs- und volkswirtschaftlich sinnvoll – zumal die offensichtliche Überversorgung auf der Achse Rorschach-Wil bestehen bliebe und noch ausgebaut werden soll. Zusätzlich zu den Fr. 60 Mio., die bereits in Wattwil investiert wurden, sollen weitere Fr. 170 Mio. für einen Neubau in Wil und ein Eigenkapitalbeitrag an die SRFT von Fr. 10 Mio. vernichtet werden. «Die Regierung will explizit in Kauf nehmen, dass die SRFT auch künftig nicht überlebensfähig sein wird. Sie kündet bereits heute das Scheitern des Modells an», konstatiert Alois Gunzenreiner. Das ist ein Affront für alle Steuerzahlerinnen und -zahler im Kanton und für die Toggenburger Bevölkerung.»

Spitalregion Fürstenland-Toggenburg auflösen
Der Gemeinderat Wattwil fordert, dass von weiteren Investitionen abzusehen ist und der Standort Wil der Führung des Kantonsspitals zu unterstellen ist. Für Wattwil ist das Modell «Integrierte Gesundheitsversorgung Toggenburg» mit eigenständiger Trägerschaft zu vertiefen und weiterzuverfolgen. «Wenn die Regierung der SRFT Fr. 70 Mio. schenken könnte, kann sie auch einer eigenständigen Trägerschaft im Toggenburg die Spitalimmobilie in Wattwil kostenlos überlassen – nicht zuletzt auch mit Blick darauf, dass die Liegenschaft bei der Umwandlung vom Gemeindespital in ein Spital des Kantons bereits unentgeltlich von der Gemeinde an den Kanton ging», fasst Alois Gunzenreiner zusammen. «Und falls die Regierung trotz aller klar ersichtlichen Vorteile nicht auf unser Modell einsteigen will, wäre für Wattwil die Weiterführung als Spitalregion Toggenburg oder allenfalls eine Integration in die Spitalregion 3, das Spital Linth, zu prüfen.»

«GNZ» höchstens als Pilotversuch in Wil
Aus Sicht des Gemeinderates sind auch die regionalen Gesundheits- und Notfallzentrum (GNZ), wie eines in Wattwil vorgesehen ist, untauglich. Allein die geplante minimalistische personelle und medizinische Ausstattung zeigt, dass damit keine qualitativ hochstehende Medizin mit teilweiser stationärer Behandlung möglich ist. Die GNZ können weder die medizinischen Bedürfnisse der Bevölkerung erfüllen noch wirtschaftlich geführt werden. Zudem würde der Staat mit den GNZ die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte konkurrenzieren und damit die Region auch für neue Hausärztinnen und -ärzte unattraktiv machen. Sollten solche GNZ dennoch ein Thema bleiben, könnte allenfalls – da die SRFT als nicht überlebensfähig beurteilt wird – in Wil ein Pilotversuch vorgesehen werden, um mehr Wissen und Erfahrungen über die Nutzung, die Kosten, das benötigte Personal und die Verschiebungen der Patientenströme zu erhalten.

Minimal ein «MedPlus»-Spital
Am Spital Wattwil wurden wiederholt Fakten geschaffen, um es systematisch auszuhungern. Der Gemeinderat ist nach wie vor überzeugt, dass sein alternatives Modell «Integrierte Gesundheitsversorgung Toggenburg» mit dem «Spital Wattwil 2021» im Zentrum für das Toggenburg wie auch für den Kanton die richtige Lösung ist. Sollte keine der Forderungen des Gemeinderates erfüllt werden, wäre zumindest das Angebot eines «MedPlus-Spitals» vorzusehen, wie es die «St.Galler Spitalkonferenz» der Standortgemeinden mit Medienmitteilung von Ende November gefordert hat.

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«MedPlus»-Angebot

Basisangebot:
Allgemeine Allgemeine und Innere Medizin stationär und ambulant, Altersmedizin (Akutgeriatrie, geriatrische Rehabilitation), 24h-Notfall/INP in Zusammenarbeit mit den Ärzt/innen der Region, elektiv und/oder ambulant betriebener OPS und Spezialsprechstunden;

Zusatzangebot Wattwil:
PSA/Suchttherapien, Psychosomatik, Onkologie, Schmerzklinik, Labor und Röntgen, Gemeinschaftspraxis, Spitex, Physio- und Ergotherapie Logopädie.
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Zugehörige Objekte

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